Kommunales Energieprojekt in Linkenheim-Hochstetten

Eine Gemeinde wird strom­au­tark – AutenSys im Inter­view

Immer mehr Kommunen wollen ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen und erneuerbar gestalten. Autensys, ein Unternehmen des EnBW-Verbunds, berät Gemeinden bei der komplexen Aufgabe. Wir haben uns mit Jan Stöckemann unterhalten, der als Energieingenieur bei Autensys tätig ist und zuletzt ein Projekt betreut hat.

Die AutenSys GmbH hat sich der Autarkie verschrieben: Das Unternehmen, das als Tochter der Erdgas Südwest GmbH ein Teil des EnBW-Verbunds ist, erarbeitet clevere Lösungen, damit Unternehmen und Kommunen nahezu alleine die Energie erzeugen, die sie für die Bewältigung des Alltags benötigen. Dabei geht es nicht nur um Kostenersparnisse, sondern ganz klar auch um Klimaschutz. Denn zum Einsatz kommen bei AutenSys ausschließlich Erneuerbare Energien. natürlichZukunft hat mit Jan Stöckemann, Energieingenieur bei AutenSys, über sein letztes Projekt gesprochen: Die Gemeinde Linkenheim-Hochstetten wird mit der Hilfe seines Arbeitgebers stromautark.   

Energetische Eigenversorgung von Kommunen stärken

natürlichZukunft: Warum setzt sich AutenSys für energieautarke Städte und Gemeinden ein?

Jan Stöckemann: Der Klimawandel ist eine der wesentlichen Krisen unserer Generation. Wir beobachten hier einen steigenden gesellschaftlichen Druck auf Gemeinden und Kommunen, aktiv zu werden. Gleichzeitig stellen wir fest, dass viele Gemeinden mit der Masse an Möglichkeiten und dem undurchsichtigen Dschungel an Fördermitteln überfordert sind. Mit der Stärkung der energetischen Eigenversorgung haben wir eine gute und wirtschaftlich attraktive Einstiegsmöglichkeit für Kommunen in das Thema Klimaschutz gefunden.

Porträtfoto Jan Stöckemann
Jan Stöckemann, Energieingenieur bei AutenSys

natürlichZukunft: Wie steigen Sie üblicher Weise in eine Beratung ein?

Jan Stöckemann: Grundlage für all unsere Beratungsleistungen ist das Verständnis der individuellen Bedürfnisse und Ziele unseres Kunden. Ebenso wichtig ist die Ermittlung einer validen Ausgangsbasis für unsere Beratung. Jede Gemeinde hat da ganz eigene Anforderungen und Startpunkte.

natürlichZukunft: Wenn Gemeinden bei Ihnen anklopfen, wie ist es dort dann mehrheitlich um Energieautarkie und Erneuerbare Energie bestellt? Gibt es etwas, auf das Sie aufsetzen können, oder fangen Sie ganz von vorne an? 

Jan Stöckemann: Wie gesagt, das ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Einige Gemeinden sind schon seit Jahren sehr aktiv. Diese haben dann oft kommunale Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen oder Blockheizkraftwerken ausgestattet oder umfangreiche Klimaschutzkonzepte erstellt. Sie wissen oft schon sehr genau, an welchen Schrauben als nächstes gedreht werden soll. Darauf bauen wir dann natürlich auf. Andere Gemeinden stehen noch ganz am Anfang, haben aber das Bedürfnis, sich im Bereich Klimaschutz zu engagieren. Nicht selten sind die Gemeinden aber mit der Vielzahl an Möglichkeiten überfordert, sodass wir im ersten Schritt schauen, welche Maßnahmen überhaupt zur Gemeinde passen und sinnvoll sind. 

Die Klimawende verlangt entschlossenes Handeln von allen Akteuren, auch und insbesondere von Kommunen, Städten und Gemeinden. Linkenheim-Hochstetten geht hier gerne voran, denn wir verstehen dies als Investition in eine nachhaltige, umweltverträgliche und zudem selbstbestimmte Zukunft.

Michael Möslang, Bürgermeister Linkenheim-Hochstetten

Konkretes Energieprojekt in Linkenheim-Hochstetten

natürlichZukunft: In Linkenheim-Hochstetten gab es ja bereits PV-Anlagen, die für den städtischen Strom genutzt wurden. Wieso wollte man mehr?

Jan Stöckemann: Die Gemeinde Linkenheim-Hochstetten ist mit den bereits bestehenden PV-Anlagen und dem Blockheizkraftwerk unter ökologischen, aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehr zufrieden. Der Gemeinderat hat erkannt, dass sich Klimaschutz und wirtschaftliche Interessen nicht ausschließen. Daher wurde entschieden, in diesem Bereich noch stärker aktiv zu werden.

natürlichZukunft: Das Projekt ist in mehrere Phasen unterteilt. Wieso das? Ginge das nicht auch „in einem Rutsch“? 

Jan Stöckemann: Ja, das wäre auch gegangen. Wir haben uns aber bewusst für einen Weg mit mehreren Phasen entschieden. Zu Beginn haben wir sehr viele kommunale Liegenschaften und Technologien betrachtet. Von Phase zu Phase haben wir die Anzahl an Liegenschaften und Technologien weiter eingegrenzt und den Detaillierungsgrad erhöht. Dabei haben wir unser Vorgehen mehrmals mit der Gemeinde abgestimmt und ihren Entwicklungsplänen untergeordnet. So konnten wir weniger interessante bzw. geeignete Liegenschaften und Technologien schon sehr früh ausschließen. Dadurch haben wir unnötige Aufwände vermieden und die Kosten für unseren Kunden reduziert. 

natürlichZukunft: Wo steht Linkenheim-Hochstetten heute, wie viel Strom erzeugt die Gemeinde bereits selbst? 

Jan Stöckemann: Die bestehenden PV-Anlagen und Blockheizkraftwerke der Gemeinde erzeugen bereits heute pro Jahr über 30 Prozent des kommunalen Strombedarfs.

natürlichZukunft: Was sind die nächsten Schritte nach der Entscheidung für die Autarkie? Wer setzt die Einzelmaßnahmen um?

Jan Stöckemann: Im Falle Linkenheim-Hochstettens können wir dazu noch nichts Konkretes sagen. Wir sind aber immer daran interessiert, die jeweils beste Lösung für unseren Kunden zu finden. Wenn das bedeutet, dass wir mit unserem Netzwerk auch bei der Realisierung der Autarkiepläne unterstützen, freut uns das zwar. Es ist aber nicht Bedingung für die vorangegangene Arbeit, wir sind da sehr neutral und kundennutzenorientiert. 

natürlichZukunft: Welche Maßnahmen kommen überhaupt in Frage? Und welche davon kommen konkret beim Projekt in Linkenheim-Hochstetten zum Einsatz? 

Jan Stöckemann: Welche Maßnahmen in Frage kommen, hängt immer von den Bedürfnissen und Zielen einer Gemeinde ab. Grundsätzlich reicht das Spektrum von Effizienzmaßnahmen zur Verbrauchsreduzierung bis hin zu verschiedenen Möglichkeiten der Energieeigenerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien. 

In Linkenheim-Hochstetten ist jetzt geplant, ein Blockheizkraftwerk, eine Kleinwindkraft- und diverse PV-Anlagen auf kommunalen Liegenschaften zu installieren. Neben diesen Maßnahmen haben wir unter anderem auch Möglichkeiten zur Klärgasgewinnung und -verstromung oder die Installation von Freiflächen-PV-Anlagen im Umfeld des Ortes betrachtet.

natürlichZukunft: Das Ziel ist dort ja eine Eigenversorgung mit Strom bis 2025. Ist das realistisch? 

Jan Stöckemann: Das Ziel der Gemeinde ist es, so viel Strom zu erzeugen, wie sie für die Erfüllung kommunaler Aufgabenbereiche und in gemeindeeigenen Liegenschaften benötigt. Und das ist absolut realistisch! Tatsächlich gehen wir sogar davon aus, dass das Ziel mit den geplanten Maßnahmen etwas übererfüllt wird.

Roadmap Ausbau regenerativer Energie in Linkenheim-Hochstetten
Roadmap Ausbau regenerativer Energie in Linkenheim-Hochstetten (Quelle: AutenSys)

AutenSys sorgt für Durchblick im Förderdschungel

natürlichZukunft: Wie steht es um die Kosten? Werden Gemeinden bezuschusst oder aus welchen Geldern stammen die Investitionen in Ihre Leistung und die Umsetzung? 

Jan Stöckemann: Die Gemeinde Linkenheim-Hochstetten hatte sich für die Realisierung des Ziels ursprünglich einen Finanzhaushalt von 1,2 Mio. Euro bis 2025 gesetzt. Mit den jetzt geplanten Maßnahmen wird das Budget minimal überschritten. Eine Förderung im Sinne eines Investitionskostenzuschusses bekommt die Gemeinde dabei nicht. Durch Einspeisevergütungen und Zuschüsse für den erzeugten Strom gemäß des EEG und KWKG wird die Gemeinde aber unterstützt. Wir sind als AutenSys aber immer bemüht, Förderprogramme ausfindig zu machen, die sowohl die Realisierung von Maßnahmen wie diese in Linkenheim-Hochstetten als auch unsere Beratungsleistungen unterstützen. 

natürlichZukunft: Warum sollten sich mehr Kommunalvertreter für das Thema interessieren? Haben sie von der Umsetzung einen konkreten Nutzen?

Jan Stöckemann: Natürlich! Kommunen profitieren sogar sehr! Auf der einen Seite leisten sie einen wichtigen und wirtschaftlich attraktiven Beitrag zum Klimaschutz und zur Erreichung ihrer Klimaschutzziele. Auf der anderen Seite kann durch die Integration regionaler Unternehmen die lokale Wertschöpfung gesteigert werden. Davon profitieren dann alle.

natürlichZukunft: Realisieren Sie auch Projekte, die sich Strom, Gas, Wärme/Kälte widmen? Also dem gesamten Energiespektrum? 

Jan Stöckemann: Ja, grundsätzlich verfolgen wir immer einen ganzheitlichen Ansatz und betrachten alle Energieformen. Dabei versuchen wir im ersten Schritt, den Energiebedarf bspw. durch Effizienzmaßnahmen zu reduzieren. Anschließend schauen wir, wie die benötigte Energie sinnvoll, lokal und nachhaltig erz eugt werden kann. Darüber hinaus bieten wir weitere Leistungen wie bspw. Energieberatungen und CO2-Bilanzierungen an, die teilweise auch durch den Bund oder das Land gefördert werden. 

natürlichZukunft: Wenn mehr Gemeinden dem Vorbild folgen würden, wären die Klimaziele der Bundesregierung schneller erreicht? 

Jan Stöckemann: Mit Sicherheit. Viele kommunale Gebäude wie Schulen, Turn- und Festhallen sowie Rathäuser haben zum Beispiel große Dachflächen, die viel zu oft ungenutzt bleiben. In Linkenheim-Hochstetten werden nach Realisierung aller Maßnahmen jährlich ca. 950 Tonnen CO2 einspart. Würden solche Potenziale konsequent genutzt, könnte schon allein damit ein großer Beitrag zur Erreichung der Klimaziele der Bundesregierung und Europas geleistet werden. 

Ihre Gemeinde soll auch stromautark werden und Sie möchten mehr über dieses Thema erfahren? Hier geht’s zum Kontaktformular der AutenSys.

Tipp Podcast

AutenSys gibt inzwischen einen Podcast heraus, der sich mit unterschiedlichen Themen rund um nachhaltige Energiekonzepte beschäftigt. Den AutenSys Podcast erreicht man hier.

Im Interview mit dem SWR spricht Geschäftsführerin Stefanie Jelinek über das Projekt Linkenheim-Hochstetten.

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