Schwimmende Photovoltaikanlage in Renchen

Studie: Schwimmende PV beeinflusst Baggersee in Renchen nicht

Beeinträchtigen schwimmende Photovoltaikanlagen die Qualität des Gewässers, auf denen sie sich befinden? Dieser Frage ist ein Team von Wissenschaftler*innen des Instituts Fraunhofer ISE aus Freiburg nachgegangen. Untersucht wurde ein Baggersee in Renchen, auf dem Erdgas Südwest Floating PV installiert hat. Die Ergebnisse liegen nun vor.

Inhaltsverzeichnis

Schwimmende Photovoltaik nur auf künstlichen Seen

Schwimmende Photovoltaikanlagen wurden in den letzten Jahren vermehrt errichtet und weitere Projekte befinden sich in der Planung. Derartige Anlagen liefern zuverlässig grünen Strom für anliegende Gewerbebetriebe und bieten darüber hinaus einige Vorteile. Unter anderem benötigt Floating PV als Alternative zu Solaranlagen auf Freiflächen keinen festen Boden. Sie stehen also nicht in Konkurrenz zu einer Flächennutzung als Bau- oder Ackerland.

Aktuell schreiben einschlägige Gesetze vor, dass schwimmende Photovoltaikanlagen nur auf künstlichen Seen errichtet werden dürfen. Daher werden die Anlagen bisher in den meisten Fällen auf Baggerseen von Kieswerken errichtet. Das bietet den Vorteil, dass der größte Teil des erzeugten Stroms gleich vor Ort von den mächtigen Maschinen dieser Unternehmen verbraucht werden kann. Wir hatten hier im Blog weitere Vorteile von schwimmenden PV-Anlagen in einem Artikel zusammengestellt.

Festzuhalten bleibt, dass schwimmende PV-Anlagen nicht auf Freizeitgewässern installiert werden. Vielmehr handelt es sich durchweg um gewerblich genutzte Seen, deren private Nutzung mit erheblichen Gefahren verbunden ist. Achtung Lebensgefahr, Baden verboten!

Aktive Baggerseen: Ökologische Qualität ist dünn

Trotzdem haben natürlich auch diese Seen eine gewisse ökologische Qualität. Diese ist allerdings in der Baggerphase doch recht dünn. Denn durch die Baggertätigkeit werden ständig Schwebstoffe aufgewühlt, die verhindern, dass das Licht in die Tiefe des Wassers dringt.

Pflanzen haben bis auf wenige Arten wie z. B. Armleuchteralgen kaum Überlebenschancen. (1) Etwas anders sieht es mit der Flora und Fauna in den Uferbereichen aus. Jedoch kommt es hier immer wieder zu Abrutschen, weil die Ufer sehr steil sind.

Welche Auswirkungen hat Floating PV?

In der Öffentlichkeit werden immer wieder Bedenken geäußert, ob die auf schwimmenden Pontonkonstruktionen installierten Solaranlagen nicht die Qualität des jeweiligen Gewässers beinträchtigen. Zunächst bleibt festzustellen, dass niemals die komplette Fläche eines Sees mit Floating PV bedeckt wird. Der Gesetzgeber hat die maximale Fläche bereits auf 15 % beschränkt. Aktuell gibt es zudem kaum Anlagen, die diese Grenze ausreizen. Zumeist sind sie kleiner und bedecken nur 2 – 10 % des Baggersees.

Da aber diese Technologie noch Neuland ist, weiß man noch nicht genau, wie sich diese Bedeckung der Seeoberfläche auf die Gewässerökologie auswirkt. Deshalb hat das Institut Fraunhofer ISE eine Forschungsstudie durchgeführt, die die Wasserqualität des Baggersees bei Renchen (Baden) untersucht, auf dem im Auftrag des Kieswerks Ossola eine schwimmende PV-Anlage errichtet wurde. Ziel war es, Befürchtungen und Vermutungen durch Fakten auf eine gesicherte Grundlage zu stellen.

Ein Forschungsteam, bestehend aus einer Kooperation der Universität Freiburg und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, nahm sich der Sache an. Untersucht wurden für die Studie die Thermik und die Wasserqualität dieses Baggersees.

Zuschnitt der Studie zu Auswirkungen von schwimmendem Solarkraftwerk auf dem Baggersee

Welche Werte werden nun bei einer solchen Studie erfasst und ausgewertet, um die Auswirkungen einer schwimmenden Konstruktion auf das Gewässer zu bestimmen?

  • Wassertemperatur: Dazu werden Messungen an verschiedenen Stellen unter und neben der Konstruktion sowie in unterschiedlichen Tiefen alle 50 cm bis zu einer Tiefe von 10 m vorgenommen.
  • Strömung im See: Sensoren erfassen die Schichtung und die Zirkulation des Wassers.
  • Sauerstoffgehalt: Auch dabei wird an unterschiedlichen Stellen und Wassertiefen gemessen.

All diese Messungen werden über einen gewissen Zeitraum vorgenommen, um jahreszeitliche Schwankungen sowie wetterbedingte Zusammenhänge zu erfassen. Denn die Intensität der Sonneneinstrahlung, die Lufttemperatur sowie der auf die Wasseroberfläche einwirkende Wind beeinflussen den Zustand eines solchen Sees erheblich. Für eine Studie werden daher diese meteorologischen Werte ebenfalls erfasst.

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Der Maiwaldsee in Renchen (BW)

Der Baggersee der Kieswerke Ossola im Ortsteil Maiwald in Renchen hat eine Fläche von 37.000 m2 und ist im Durchschnitt 24 m tief, an der tiefsten Stelle sogar 70 m. Die schwimmende Photovoltaikanlage befindet sich im südöstlichen Teil des Sees und ist 7.700 m2 groß, bedeckt also etwa 2 % der Wasseroberfläche.

Ein solcher See hat im Verlauf eines Jahres unterschiedliche Zustände. Im Frühjahr und im Herbst kann man sich das vorstellen wie eine drehende Waschmaschine: Durch die in diesen Jahreszeiten auftretenden Windeinwirkungen zirkuliert das Wasser kreisförmig. Es findet ein stetiger Austausch zwischen oben und unten statt. Im Sommer hingegen bilden sich Schichtungen aus, die sich durch erhebliche Temperaturunterschiede auszeichnen.

Während die obere Schicht 21 – 25° C warmes Wasser aufweist und in sich zirkuliert, folgt darauf eine relativ statische Zwischenschicht. Darunter wiederum befindet sich eine Schicht mit 4 – 5° C kaltem Wasser, das ebenfalls in sich zirkuliert. Dieses Phänomen der relativ stabilen Schichten nennt man Sommerstagnation.

Im Winter befindet sich unter der Eisschicht eine relativ schmale obere Schicht, die etwa 0 °C kalt ist. Darunter befindet sich die große Masse des Wassers mit einer Temperatur von etwa 4 °C. Eine Zirkulation findet im Winter nicht statt, weil das Eis die Windeinwirkung verhindert.

Das Forschungsteam stellt sich nun anhand der erhobenen Messwerte die Frage, ob die PV-Anlage diese natürlichen Verhältnisse beeinflusst. Und wenn ja, in welchem Ausmaß. Denn wenn weniger Sonne auf das Wasser einstrahlt, könnte sich daraus eine instabilere Schichtung ergeben. Umgekehrt könnte die abgeschwächte Einwirkungsmöglichkeit des Windes eine stabilere Schichtung bedeuten.

Daneben könnten durch die Messdaten noch weitere Fragen beantwortet werden. Zum Beispiel, ob die Anlage generell die Folgen des Klimawandels auf den See – Sonnenintensität, Erwärmung – abmildert. Oder die Frage, ob Verdunstungsverluste abgeschwächt werden.

Die Messungen wurden im Maiwaldsee von Mitte Juli bis Mitte Oktober 2021 vorgenommen. Dazu wurde eine Wetterstation auf der Anlage installiert, um die Wetterdaten zu erfassen. Außerdem wurden über und unter der Anlage Einstrahlungsmessungen vorgenommen, um die Energiebilanz zu bestimmen. Für die Temperaturmessungen wurden an 3 Punkten (unter der Anlage sowie 10 bzw. 100 m entfernt) entsprechende Sensoren in das Wasser eingebracht. Der Sauerstoffgehalt wurde mit Hilfe mobiler Sonden erfasst.

Foto der schwimmenden PV-Anlage in Renchen
Schwimmende PV-Anlage mit Kabelzuführung auf dem Maiwaldsee in Renchen

Das Ergebnis der Studie zu schwimmender PV: Kaum Auswirkungen feststellbar

Die Temperaturmessungen, die wie erwähnt im Sommer und im Herbst vorgenommen wurden, ergaben keine Veränderung der geschilderten Sommerstagnation. Die für den Sommer typische stabile Schichtung mit den starken Temperaturunterschieden blieb unverändert. Die Ursache dafür lässt sich nach Meinung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der relativ kleinen Größe der Anlage finden.

Bei den Temperaturunterschieden im Verlauf eines Sommertages lassen sich Auswirkungen feststellen. Unter der Anlage heizt sich insbesondere das Oberflächenwasser nicht so stark auf. Hier wurde eine Abweichung von bis zu 2,8 ° C festgestellt. Andererseits wird aber nachts wiederum die Abkühlung des Wassers verringert. Das Wasser unter der Anlage kühlte sich bis zu 1,8 ° C im Maximum weniger ab. Diese Effekte prägen sich saisonal besonders stark aus. Während sich im Sommer das Wasser nicht so stark erwärmt, kühlt es im Herbst weniger aus.

Beim Sauerstoffgehalt konnten keine Unterschiede im Wasser unter der Anlage und dem sonstigen See festgestellt werden. Generell zeichnet sich ein solcher See durch einen hohen Sauerstoffgehalt aus. Das im Wasser lebende Phytoplankton trägt zu einer Übersättigung bei. Die schwimmende PV-Anlage beeinflusst diesen Vorgang nicht.

Auswirkungen des Klimawandels durch schwimmende PV abgeschwächt

Das Forschungsteam hat anhand der Messdaten Modelle mit verschiedenen Anlagengrößen durchgerechnet. Ziel war es zu bestimmen, ob die Auswirkungen des Klimawandels auf einen solchen See – stabilere Schichtung, längere Schichtungsdauer – abgeschwächt werden können. Die Modellrechnungen haben ergeben, dass dies der Fall sein dürfte.

Anhand der meteorologischen Vergleichswerte aus dem Extremjahr 2018 stellt die Forschungsgruppe fest: „Ausgehend von den Modellierungen bedingt Floating PV die gegenteilige Wirkung im Vergleich zu den erwarteten Auswirkungen des Klimawandels.“

Noch Fragen offen, weitere Studien zu schwimmender PV geplant

Wie beschrieben, befasste sich die vorliegende Studie zunächst mit den Auswirkungen der schwimmenden Photovoltaikanlage auf die Thermik und den Sauerstoffgehalt des Baggersees in Renchen. Nicht untersucht wurden Fragen nach den Folgen für die Flora und Fauna des Sees.

Dies soll nun in einer neuen Studie an einem weiteren Projekt von Erdgas Südwest in Leimersheim nachgeholt werden. Dort werden über einen Zeitraum von etwa 2 Jahren mit 12 festen Messpunkten Daten zum O2– oder dem Nährstoff-Gehalt dokumentiert. Insgesamt gehen die Forscher davon aus, dass man 5 – 7 derartige Forschungsstudien an verschiedenen Seen durchführen muss, um die zentralen Fragen zu den Auswirkungen von Floating PV auf die Seeökologie beantworten zu können.

Fazit: Schwimmende Photovoltaikanlagen aktueller Bauart verändern Gewässerökologie bei 2 % Belegung nicht

Bei der untersuchten Anlage im badischen Maiwald konnten die Wissenschaftler so gut wie keine Auswirkungen in Bezug auf die Wassertemperatur, den Sauerstoffgehalt oder die Gewässerschichtung feststellen. Das wird auch damit begründet, dass die Anlage mit einer Belegung von 2 % der Wasseroberfläche relativ klein ist.

Größere Auswirkungen, so die Ergebnisse von Modellrechnungen auf Basis der erhobenen Daten, werden erst ab einer Belegung von 50 % erwartet. Im Ergebnis kann man feststellen, dass sich Befürchtungen, eine derartige schwimmende Photovoltaikanlage würde einen Baggersee erheblich verändern, in Renchen nicht bestätigt haben. Im Gegenteil könnten möglicherweise sogar die Auswirkungen des Klimawandels abgeschwächt werden.

Belege

(1) https://www.zobodat.at/pdf/Carolinea_60_0091-0102.pdf

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